Nicht nur Statist:innen - Deine Nebenfiguren

18.10.2024

Obwohl sie selten im Mittelpunkt der Handlung stehen, können die Nebenfiguren deiner Geschichte einen ordentlichen Schwung Dynamik verleihen. Sie gestalten die Atmosphäre mit und bieten Projektionsfläche für die Hauptfiguren.

Doch wie erschafft man starke Nebencharaktere, die in Erinnerung bleiben? Was ist zu viel, was ist zu wenig?

In diesem Blogartikel beleuchten wir, wie du deine Nebenfiguren so gestaltest, dass sie einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber trotzdem Nebenfiguren bleiben.

Welche Rolle spielen Nebenfiguren?

Nebenfiguren sind Mentor:innen, Unterstützer:innen, Gegenspieler:innen, Statist:innen. Aber egal, welche Rolle sie einnehmen: ihre wichtigste Aufgabe ist es, die Handlung voranzutreiben. Stelle dir also immer die Frage: Was trägt jede Nebenfigur zur Geschichte bei?

Beispiele:

Mentor:innen

Sie stehen den Hauptfiguren zur Seite. Oft ist es so, dass sie Weisheit oder Erfahrung mitbringen, die der Hauptfigur fehlt. 

Die alte Magierin Darina lehrt die Protagonistin, ihre Magie zu kontrollieren und gibt ihr entscheidene Ratschläge, bevor sie sich dem finalen Gegner stellt.

Sidekicks/Verbündete

Loyale Begleiter:innen, die die emotionale Bindung der Lesenden zur Hauptfigur stärken.

Die impulsive Mechanikerin Nia begleitet den Protagonisten auf ein Weltraumabenteuer. Sie bringt Leichtigkeit in gefährliche Situationen und bietet technisches Know-How, das er nicht besitzt und das ihm mehrfach das Leben rettet.

Gegenspieler:innen

Die antagonistische Kraft muss die Hauptfiguren nicht direkt bedrohen. Auch ihre Handlanger:innen können durchaus auf untergeordneten Ebene Konflikte provozieren.

Jonas, der ehrgeizige Kollege des Protagonisten, sabotiert dessen Forschungsprojekt. Er ist dabei aber nicht der Hauptantagonist, sondern spielt eine untergeordnete Rolle. Er könnte z.B. der Handlanger des Antagonisten sein und für ihn arbeiten.

Repräsentant:innen einer Idee/Gesellschaft

Nebenfiguren können Themen oder auch soziale Schichten symbolisieren, um die Botschaft der Geschichte zu verdeutlichen.

Lady Elara verkörpert die starren Traditionen des Königreichs. Durch sie zeigt sich der Konflikt zwischen dem Wunsch des Protagonisten nach Veränderung und den konservativen Strukturen des Landes.



Dreidimensionalität - auch bei Nebenfiguren

Deine Nebenfiguren erfüllen also eine Funktion - aber soll das schon alles gewesen sein?

Nein, natürlich nicht. Du musst sie zwar nicht so detailliert ausarbeiten wie deine Hauptfiguren, aber gönnen wir ihnen doch ein gewisses Maß an Tiefe und Vielschichtigkeit; denn auch sie sollen glaubwürdig sein.

Gib jeder Nebenfigur ein eigenes Ziel oder eine eigene Motivation. Diese muss nicht unbedingt mit der Hauptgeschichte übereinstimmen. Sie dürfen alle ihr eigenes Leben haben und wer weiß, vielleicht entspinnt sich dabei ein schöner Nebenplot.

Gib ihnen auch Schwächen und Eigenarten. Das macht sie menschlich und nachvollziehbar und gibt den Lesenden die Gelegenheit, sich nicht nur mit den Hauptfiguren zu verbünden.

Achte darauf, dass auch sie sich weiterentwickeln. Selbst kleine Veränderungen können viel bewirken. Ein hilfsbereiter Freund lernt im Laufe der Geschichte, dass er nicht immer im Schatten der Hauptfigur stehen will, gewinnt an Tiefe und weckt die Aufmerksamkeit der Lesenden. (Und bricht nebenbei mit der schrecklichen Gewohnheit, Nebenfiguren immer nur die "Dienenden" der Hauptfiguren zu sein zu lassen.)

Die richtige Balance finden

Auch wenn du faszinierende Nebenfiguren entwickelt hast, darfst du die Hauptfigur natürlich nicht vergessen. Nebencharaktere dürfen den Plot bereichern, ganz klar. Aber sie sollten nicht von ihm ablenken, oder ihn gar übernehmen.

Passiert es dir, dass sich eine Nebenfigur immer wieder in den Vordergrund drängen will, überlege, ob du die Geschichte nicht vielleicht lieber aus ihrer Sicht erzählen willst und sie zur Hauptfigur machst.

Ansonsten:

Fokus auf die Hauptgeschichte 

Jede Szene, in der eine Nebenfigur auftaucht, treibt die Handlung und/oder die Entwicklung der Hauptfigur voran, nicht (nur) die der Nebenfigur.

Weniger ist oft mehr

Du musst nicht jede Nebenfigur in allen Facetten beschreiben. Ein paar gut platzierte Details reichen oft aus, um eine Figur lebendig zu machen.



Dialoge und Interaktionen - wie Nebenfiguren die Hauptfiguren formen

Dialoge sind mächtige Werkzeuge. Auch für Nebenfiguren. Mit Dialogen gestaltest du die Nebenfiguren und entwickelst dabei gleichzeitig die Hauptfigur weiter. Durch Gespräche mit den Nebenfiguren zeigst du die Persönlichkeit der Hauptfiguren noch deutlicher. Achte darauf, dass solche Interaktionen immer die Beziehungen der Figuren zueinander zeigen und  - wie immer - der Handlung dienen.

Eine Nebenfigur, die die Hauptfigur mit kritischen Fragen konfrontiert, bietet automatisch Einblick in deren Persönlichkeit: wie reagiert die Hauptfigur? Was denkt sie? Und schon haben die Lesenden mehr über die Hauptfigur erfahren, ohne dass du das explizit sagen musstest. (Show don't tell)

Nebenfiguren formen die Welt der Geschichte

Ob durch ihre Berufe, ihren sozialen Status oder ihre kulturellen Hintergründe - Nebenfiguren bieten den Lesenden Einblicke in eine Welt, die wir allein mit der Hauptfigur niemals abbilden könnten.

Welchen Hintergrund hat deine Nebenfigur? Gehört sie einer anderen sozialen Schicht oder Kultur an als die Hauptfigur? Statte sie mit Details und Eigenschaften aus, durch die du die Welt deiner Geschichte zeigen kannst.

Eine Wirtin, die durch Dialekt und kleine Anekdoten die Eigenheiten des Dorfes repräsentiert, macht das Setting direkt greifbarer und authentisch.

Klischees und Stereotypen

Gängige Klischees haben einen klaren Vorteil: sie machen deine Figuren schnell verständlich.
Aber wollen wir das unseren Figuren antun? 
Wollen wir sie in Schubladen stecken und riskieren, dass sie flach und unpersönlich auftreten? Wollen wir, dass unsere Lesenden das Buch zur Seite legen, weil sie das alles schon mal irgendwo gelesen/gesehen haben?

Ich denke nicht. Wir können das besser. Wir versorgen unsere Figuren - und eben auch unsere Nebenfiguren - mit Twists und Eigenheiten, die sie von all dem abheben.

Beispiele für einfache Twists:

Der alte, weise Bibliothekar, der unseren Protagonisten unterweist, ist in Wahrheit ein Meisterdieb. 

Oder der schüchterne Buchhalter ist in Wahrheit ein investigativer Journalist, dessen Mut und scharfer Verstand genau dann wichtig wird, wenn die Situation zu eskalieren droht.

Beispiele für aufgebrochene Klischees:

Ein grimmiger, abgebrühter Polizist, der in seiner Freizeit leidenschaftlich gärtnert und seine preisgekrönten Orchideen liebt.

Eine furchlose Kämpferin, die eine tiefe Vorliebe für Philosophie hegt und ständig über Moral und Gewalt reflektiert.

Diese Twists und non-Klischees sorgen nicht nur für unerwartete Figuren, sondern versorgen dich auch mit viel mehr Möglichkeiten, den Verlauf deiner Geschichte zu steuern.

Nebenfiguren spiegeln das Thema der Geschichte

Nutze deine Nebenfiguren für Interaktionen mit dem Kernthema deiner Geschichte.

Schreibst du eine Geschichte über Freiheit, könnte z.B. ein ehemaliger Gefangener - nenne wir ihn Elias -  dieses Thema spiegeln. Während die Hauptfigur - nennen wir sie Rochus - versucht, persönliche und gesellschaftliche Freiheit zu erlangen, kämpft Elias nach seiner Freilassung mit der Unfähigkeit, sich wirklich frei zu fühlen.

In Gesprächen mit der Hauptfigur betont er immer wieder, dass Freiheit nicht so einfach ist, wie es scheint. Die Hauptfigur sieht "Freiheit" als klares Ziel, doch Elias sagt solche Dinge wie: "Du denkst, Freiheit sind offene Türen. Dabei ist das schlimmste Gefängnis in deinem Kopf."

Rochus sucht weiter nach Wegen, sich von äußeren Einschränkungen zu befreien - zum Beispiel einer ungerechten Gesellschaft. Gleichzeitig zieht sich Elias nach seiner Freilassung immer mehr zurück, vielleicht sogar in ein Einsiedlerleben. Der Kontrast zeigt, dass äußere Freiheit nicht ausreicht, wenn man innerlich gebunden ist.

Durch Rückblenden und Erinnerungen können die Lesenden Einblicke in Elias' Vergangenheit als Gefangener erhalten. Zeige in solchen Szenen nicht nur körperliche Unterdrückung, sondern auch innere Kämpfe und Situationen, die seine innere Gefangenheit entstehen lassen. Wieso fühlt er sich trotz Freilassung immer noch gefangen? Was bindet ihn?
Rückblenden kannst du mit der Handlung verknüpfen, wenn Elias seine Gedanken und Erinnerungen mit Rochus teilt.

Lass Elias durch bestimmte wiederkehrende Handlungen seine innere Unfreiheit symbolisieren. Er könnte sich weigern, bestimmte Orte zu besuchen oder Entscheidungen zu treffen, obwohl er frei ist. Das unterstreicht nochmal das Thema der inneren Gefangenschaft.

Nebenfiguren sind ein wertvolles Element in deiner Geschichte

Gehe umsichtig mit ihnen um und nutze ihre Präsenz, die Handlung zu bereichern.

Das klingt alles furchbar theoretisch, ich weiß. Also probier' es aus. Finde die richtige Balance und fülle deine Geschichte mit genau den Nebenfiguren, die sie braucht.


Alles Liebe

Nica

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